WDR COSMO Cities – UBUD
Ubud: Es war einmal: Eat Pray Love.
Vor einigen Jahren erlangte Ubud Berühmtheit durch eine Singlefrau, die mit ihrem Fahrrad durch die Reisfelder düste, dabei ihre Liebe fand und einen Bestseller schrieb. Elisabeth Gilbert mit „Eat Pray Love“. Spätestens seit ihr autobiografischer Roman mit Julia Roberts verfilmt wurde, ist die Stadt auf der Vulkaninsel Bali nicht nur für Singlefrauen Mitte 30 ein Magnet.
In Ubud sind Yogis unterwegs, Lebenskünstler, Backpacker, Digitale Nomaden, Pauschaltouristen, Spirigangster, Conscious Hustler, Celebrities wie Lena Meyer-Landrut, Gary Barlow, die Beckhams und John Legend mit seiner Family. Auf 35000 Einwohner kommen gefühlt doppelt so viele Touristen. Fahrräder sind heute rar, dafür drängeln sich umso mehr Autos und Scooter durch die sehr vollen Strassen, die bunt dekoriert sind. Sie haben was von Kindergarten Bastelgruppe stellt aus. Statt Laternen ragen bis zu zehn Meter hohe bunte Bambuskreationen, genannt Penjors, über die Strassen. Das ist so schön und so bunt.
Alles hat eine Bedeutung
Überall in der Stadt, auf Gehwegen, vor Läden etc. liegen Canang Sari verteilt, das sind kleine Körbchen aus Palmenblättern mit Blumen, Reis und Keksen. Es duftet dazu nach brennenden Räucherstäbchen und nach Jepun, gelb-weisse Frangipaniblüten, die im Konfettistil gestreut werden. Das sind Opfergaben für die Götter, die gleichzeitig die bösen Geister abhalten sollen. Bali ist eine hinduistische Enklave mitten in Indonesien. Die Balinesen richten sich nach ihrer Religion und Kultur. Fast jeden Tag wird etwas gefeiert. An Gemeinschaftsorten machen Männer Musik auf Bronzegongs, Metallophonen, und Bambusflöten, sie bilden ein sogenanntes Gamelanorchester, das hier jedes Kind zu spielen lernt. Jeden Abend gibt es in den Tempeln traditionelle balinesische Tänze. Oder sie bereiten eine Feuerbestattung vor, die auch im berühmten Monkey Forest, ein Naturpark mit hunderten frechen Affen und mystisch wirkenden Tempelanlagen, stattfindet.
Der Weg zum Glück
Die Balinesen leben zudem nach einer traditionellen Philosophie genannt „Tri Hita Karana“. Das sind drei Wege zu einem glücklichen Leben: Sich um Götter kümmern, um seine Mitmenschen und um die Natur. Ubud ist umgeben von Dschungel und sattgrünen Reisfeldern. Die Natur muss nun immer häufiger schicken Luxusresorts weichen. Wo früher ein Lotusblütenteich war, ist heute ein Infinity Pool als perfekte Instagram Kulisse.
Leben im Tempel // Balinesen vs. Bohemians
Die Ubudianer selbst leben in hinduistischen Tempelanlagen. Hier vermieten sie Zimmer an genügsamere Touristen, sogenannte Homestays. Hier schläft man für rund 10 bis 15 Euro die Nacht. Die Männer malen oft Auftragskunst oder fahren Taxi, die Frauen flechten Blumenkörbe für den nächsten Tag oder arbeiten in einem der fancy Cafés, die meistens vegan sind und abgefahrene Rohkostgerichte anbieten – dass es noch keine fliegende Zucchini gibt, ist auch alles.
Wer sich wie ein Star fühlen möchte, komme hierher.
Die Ubudianer lächeln schön, ja, und sie lesen ihren Gästen die Wünsche von den Augen ab. Leider hat das auch was von künstlicher Welt und sich anbiedern. Es gibt kein Miteinander, nur ein Nebeneinander beziehungsweise ein Oben und Unten. Wenn man nach Oben schaut, zum Leben vieler Digitaler Nomaden mit ihren Coworkingspaces und das der Expats/ der arbeitenden Hinzugezogenen in den Villen mit Pool und Privatbutlern, bekommt das „awesome life für awesome people“ Konzept einen schalen Beigeschmack. Es wird an Karrieren gefeilt, „wer zu sein“ oder „wer zu werden“ egal ob auf Youtube oder auf der Yogamatte. In Ubud lässt man es sich so richtig gut gehen, dafür reicht ein Monatsgehalt von 1000 Euro schon aus, und die Ubudianer sind mehr und mehr überfordert, die Stadt zu einer 1 A Wohlfühloase für temporäre „Gäste“ jeglicher Art zu gestalten. Der Stress nimmt zu. Wer das Ungleichgewicht ausblenden kann, für den ist Ubud immer noch ein Paradies, gerade auch was Spiritualität und Selbstheilung angeht.
Einmal Komplettheilung, bitte!
„Ubud“ ist balinesisch und bedeutet Medizin. Viele Menschen, die hierherkommen, suchen nach Heilung. In den luxuriösen Yogastudios wie dem Yoga Barn kann man sich ein Rundumprogramm geben mit Yoga, Einläufen und Healingsessions. Man sollte aber bei der Auswahl der vielen Aktivitäten, die in Ubud angeboten werden, vorsichtig sein und sich nicht von jedem Lifecoach eine Energieübertragung etc. andrehen lassen. Spirigangster-/innen sind überall. Schnell ist der Geldbeutel leer und das gebrochene Herz, weswegen man vielleicht auch kam, muss ungeheilt wieder mit nach Hause reisen.
Hier geht es zur WDR COSMO Seite noch einmal mit der Audiothek.
https://www1.wdr.de/radio/cosmo/magazin/reisen/cities-ubud-100.html
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